Im Grünen
- annainisrael
- 24. Nov. 2015
- 3 Min. Lesezeit

Auf der Umwelt-Farm der Mosenson High School in Hod HaSharon, etwa eine Dreiviertelstunde Busfahrt von Tel Aviv entfernt, darf ich mich vorübergehend zuhause fühlen:
Aus einem in den 40er Jahren gegründeten Kibbuz ging eine landwirtschaftliche Lehreinrichtung hervor, die ihre Angebote immer weiter an die nebenan entstandene Schule mit angeschlossenem Internat anpasste. Heute ist die „Farm“ fester Bestandteil des Campus und bereitet als Bildungszentrum für Umweltbewusstsein, Ökologie, Nachhaltigkeit und Gartenarbeit den Schülern mehr oder weniger, ihren Lehrern und mir sehr viel Freude.
Schüler im Alter von vierzehn bis achtzehn Jahren lernen hier mit ihren Lehrern in einem lockeren Rahmen an verschiedenen Projekten. Sie pflegen Beete, den Obstgarten und die Teiche, ekeln sich beim Füttern der Fische mit dicken schwarzen Larven, stellen pflanzliche Kosmetikprodukte und Öle her, manche hören das erste Mal von der Idee des Kompostierens und es bleibt nicht aus, dass sie den Schnecken hilflos beim Zerfressen ihrer Brokkolipflanzen zusehen.
Auf dem gesamten Gelände gibt es eine Vielzahl sehr einfallsreicher Recycling- und Gärtnerideen, die das Team aus Lehrern, Schülern und weiteren Helfern in Stand halten. So füttern wir zum Beispiel die Fische, welche in einem Becken das von den Pflanzen kommende Wasser filtern, das danach durch ein Bewässerungssystem wieder der Ziehstation zugeführt wird. Oder wir kümmern uns um verschiedene Wandbepflanzungen, die über den Schulhof verteilt geschickt die weißen Containerwände schmücken.
Mittwochs verkaufen die Schüler selber aufgezogene und geerntete Salate, Erdbeerpflanzen, Sprossen, Heilpflanzen und andere saisonale Ernten auf dem Schulhof. Dann kommen interessierte Lehrer und Schüler zusammen und es überkommt den Ein oder Anderen das Anpreisen, Feilschen und Handeln, welches man auf den großen Märkten in seiner absolut schönsten Form erleben kann.
Allen Lehrern und Mitarbeitern der Farm geht es vor allem darum, die Schüler für die Umwelt und Natur zu sensibilisieren und Verantwortungsbewusstsein zu „pflanzen“. Dass dies eine große Herausforderung ist, bekommen wir jeden Tag aufs Neue zu spüren.
Der tägliche Müll-Einsammel-Gang endet stets mit ein bis zwei gefüllten Eimern. Das Interesse für das Rauchverbots auf dem Gelände hält sich, besonders bei den älteren Schülern, zudem eher in Grenzen. Aber warum sollte es hier auch anders sein?
Ein weiterer wichtiger Ort auf diesem Campus ist die Kantine. Um die etwa 600 Schüler und Lehrer Tag für Tag satt und zufrieden zu stellen, sorgt sich ein sehr lebhaftes und spaßiges Küchenteam. Das Geschehen um Küche und Speisesaal herum ist einen Roman für sich wert. Alleine schon, um eine Idee davon zu geben, wie man diese koscher hält.
Meine Aufgabe von 13 bis 14 Uhr ist es, alles frisch gewaschene und dampfend aus der XXL-Spülmaschine kommende einzusortieren. Dabei helfe ich Ariel, einem kleinen fröhlichen Männchen, der mich immer an die ZDF-Werbepausen erinnert. Ariel versorgt mich sehr zuverlässig mit einer Familienpackung an Keksen und Limonade, bringt mir jeden Tag etwas Hebräisch bei und möchte, dass ich bis zu seiner Pensionierung bei ihm bleibe.
Er ist Meister darin, genau im richtigen Moment eifrig mit etwas anderem beschäftigt zu sein, nur nicht mit den vorbei rasenden Tellern, Tabletts, Messern, Gabeln, Löffeln, Tassen, Schüsseln, Küchenutensilien, Töpfen, Gläsern…
So ist auch diese Stunde in der Küche durchaus unterhaltsam und wird nie langweilig.
Am meisten Spaß scheinen aber trotzdem noch die vielen Katzen auf dem ganzen Gelände zu haben.
Sei es beim Planschen im Teich, in dessen Plane sie beim Fischfangen liebevolle Signaturen hinterlassen oder beim Durchsuchen des Komposts nach einem Gratis-Dessert. Hinzu kommt, dass ich jedes Mal beim Schließen des Gründach-Gewächshauses über eine Absperrung an dem Geländer einer Treppe neben ein paar Müllcontainern hochklettern muss. Es ist meist schon dunkel und ich nähere mich der Ecke langsam, man lernt ja durchaus dazu. Jedes Mal an einer anderen Stelle springt dann wie verrückt eine Katze aus der Dunkelheit hervor und ich falle fast hintenüber.
Nun gut. Das Schöne ist aber wirklich, zu spüren, wie die Schule durch all das Engagement des „AgroEcology Centre“, offizieller Name der Farm, bereichert wird. Die Arbeit ist durch die acht Stunden körperliche Anstrengung sehr intensiv und jeden Abend freuen sich meine Beine auf das alte Doppelstockbett der einfachen Freiwilligen-Unterbringung.
Die Idee und die Umsetzung der angestrebten Bewusstseinsentwicklung für die Umwelt ist in meinen Augen hier so bemerkenswert, dass sich diese Erschöpfung aber gut anfühlt.


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