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Mähä-ää*

  • Autorenbild: annainisrael
    annainisrael
  • 13. Feb. 2016
  • 3 Min. Lesezeit

*frei übersetzt: „Vom schweren Abschied“

Selbst den Regen, Matsch und die vielen Schlammpfützen hinter mir zu lassen fiel mir bei dem Abschied von meinem Zuhause der vergangenen zwei Monate am Anfang dieser Woche schwer.

Wie Guy vorausgesagt hatte, begannen alle Ziegen auf einmal, sich von ihren inzwischen sehr großen Kugelbäuchen zu verabschieden und ihre Zicklein auf die Welt zu bringen. Dafür hatten sie sich den Samstag und Sonntag als Auftakttage mit zehn Geburten ausgesucht.

Nach vielen gemeinsamen Stunden war es mir möglich, das Wehen-Gemecker herauszuhören. Schafe und Ziegen unterscheiden sich in ihrer Sprache eigentlich nur leicht, als ob sie unterschiedliche Dialekte sprächen. Schafe neigen zu behäbigen Möhs, Ziegen geben eher quakenden Mähs von sich.

Nach einem letzten Rundgang durch den Stall versprach Anat zum Abschied, eines der Neugeborenen nach mir zu benennen. So wurde ich dort von allen Hofbewohnern mit erfüllenden Erinnerungen beschenkt und eine Anna-Ziege genießt weiterhin das Weiden und die Gesellschaft der Tierchen, die mir sehr ans Herz gewachsen sind.

Bei ihrem ersten Weiden dürfte Anna die bemerkenswert freundlichen Hunde kennenlernen. Als die Welpen noch jung waren, gab Bordeaux einen geduldigen Papa ab. Die Welpendame, die noch dort ist, begleitet ihn treu und kuschelt am liebsten an seiner Seite.

Hoffentlich ist Dorothy ihr gut gesinnt. Eigentlich sehr friedliebend, kuschelfreudig, harmoniebedürftig und auf eine harmlose Art freiheitsliebend fällt es Dorothy manchmal ein, einzelne Ziegen hüten zu wollen. Auch wenn ein kleiner Zickenkrieg mit Kopfstößen und bösen Blicken anfängt, geht sie schlichtend dazwischen. Da sie untrainiert ist, bringt sie aber eher nichts als Unruhe in die gesamte Herde. Wenn wir sie dann zu uns gerufen haben, ging sie meistens eine Runde im Fluss baden und anschließend im Feld mit Bordeaux Verstecken spielen.

Anna dürfte die Hühner täglich treffen. Sie halten sich auf dem gesamten Gelände auf. Sie laufen im Stall herum, bedienen sich am Futter aller anderen und werden sehr kreativ bei der Suche nach neuen Nistplätzen. Jene, die sich abends nicht auf die Bäume begeben, finden ihren Schlafplatz auf freien Stangen im über den Ziegen.

Aufwachsen wird Anna in einer Art Patchworkfamilie. Schaf, Huhn, Ziegen, Hund, Katze, Maus, ein harmonisches Miteinander.

Dass sie genügend zu Fressen bekommt dürfte sichergestellt sein. Auch wenn die Wiesen und Felder im Sommer karg und verbrannt sein sollen, sorgen Anat und Guy für ausreichend Nahrung. Morgens, wenn Anat zum Stall kommt, warten die besonders schlauen Ziegen schon am Tor auf sie und ihre Obstleckerlies.

Anna wird in eine Familie aus sehr hübschen, gut genährten und selbstbewussten Ziegen hinein wachsen. Äußerst unterhaltsam zu beobachten ist es, wie sie sich gegenseitig erziehen.

Bevor sie verkauft wurden, rief eine Mutterziege durchgehend mit einer nervenaufreibenden, lauten Stimme ihr Kind, wenn es nicht die ganze Zeit bei ihr war. Selbst die anderen Ziegen konnten sie irgendwann nicht mehr ertragen, sodass sie ihr abwechselnd mit dem Kopf einen Stoß verpassten, der sie zumindest vorübergehend ruhig stellte.

Wie alle anderen Ziegen wird Anna wohl auch wasserscheu sein. Ziegen meiden Pfützen angeblich, da sie Höhenangst haben und unter der verdächtigen Wasseroberfläche vermeintliche Untiefen fürchten. Auch wenn es anfing zu regnen, waren sie die Ersten, welche den Rückweg antreten wollten. Die Schafe hielten die Schauer gleichmütig aus, sie verstanden die ganze Aufregung nie so ganz.

Tante Schaf hat ein großes Herz, ist sehr aufmerksam und freundlich. Die Schafe ließen die übermütigen Ziegenkinder mit großer Geduld auf sich herumturnen. Diese machten sich einen Spaß daraus zu sehen, wer ihren schnellen und unerwarteten Wettlauf durch den Parkour gewinnen würde.

Rosa ist eine spezielle Ziege. Mit der Flasche aufgezogen hat sie keinerlei Angst vor Menschen, was das Hüten mir ihr nicht gerade leichter gestaltet. Sie weiß genau, wie hübsch sie ist, hat ihren eigenen Kopf und ist immer auf dem Weg ins verbotene Getreidefeld. Am liebsten befindet sie sich zwischen den Jungziegen, so wird sie dann wohl auch mit Anna ihren Schabernack treiben.

Adele ist ebenfalls besonders. Sie wurde von ihrer Mutter nicht angenommen und weil sie dadurch keine Milch bekam, probiert sie es bei anderen Müttern. Bei einer dieser Versuche wurde ihr ein Stück Ohr abgebissen und wir fanden sie am nächsten Morgen mit gebrochenem Bein auf. So wurde ihr strenge Stallruhe verschrieben, was ihr überhaupt nicht gefiel. Abends erwartete sie uns schon von Weitem.

Zu guter Letzt wird Anna hoffentlich unter der Obhut Schilgias aufwachsen. Ich glaube, sie ist die geheime Chefin der Herde. Als ich mir ihren hebräischen Namen („Schneeflocke“) noch nicht merken konnte, nannte ich sie „Good Mama“. Sie ist die Größte von allen, kuschelt für ihr Leben gerne und wurde gerade Oma.

Auch wenn ich sie besonders vermissen werde, wird sie bestimmt die nachkommenden Freiwilligen genauso erfreuen und weiterhin eine gute Ziegenmama für alle sein.


 
 
 

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